Anwender*innen und Expert*innen tauschen sich in Berlin über die Ergebnisse ihrer Teilmodelltypen von Verwaltungsschalen aus

Fraunhofer IESE entwickelt gemeinsam mit KMU
Digitale Zwillinge

Im Kontext des Forschungsprojekts BaSys 4.2 gibt es über 20 Anwendungsprojekte, sogenannte Satelliten, die spezifische Anwendungen aus dem Industrie-4.0-Umfeld umsetzen. Ziel der BaSys-Forschungsreihe ist es, Lösungen zu entwickeln, die den Wandel hin zur digitalisierten, flexiblen Industrie-4.0-Produktion ermöglichen. Dabei wurden von den Projektteams – auch unter Mitwirkung des Fraunhofer IESE – zahlreiche Verwaltungsschalen realisiert, um ganz unterschiedliche Nutzungskontexte zu digitalisieren. Die Verwaltungsschale als standardisierter Digitaler Zwilling erstellt digitale Abbilder von Produkten, Geräten, Services und anderen Assets in der Produktion. Beim Vernetzungstreffen in Berlin am 11. und 12. Oktober tauschten sich die Expert*innen über ihre Entwicklungen und Erfahrungen aus.

Fraunhofer IESE entwickelt gemeinsam mit KMU Digitale Zwillinge, Fraunhofer IESE
© Fraunhofer IESE

Es sind bereits vier Runden mit BaSys-Satellitenprojekten gestartet und die ersten der 23 Satelliten sind sogar schon abgeschlossen. Im Laufe der letzten beiden Jahre haben kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemeinsam mit Wissenschaftler*innen viele Erfahrungen beim Einsatz von Verwaltungsschalen mit der Middleware Eclipse BaSyx gesammelt. Besonders hervorzuheben ist die große Anzahl von 20 Teilmodelltypen, die in den Satelliten entwickelt wurden. Teilmodelle repräsentieren unterschiedliche fachliche Aspekte der Assets und ergänzen damit die Verwaltungsschalen; sie können zum Beispiel Sicherheitsaspekte beschreiben oder verschiedene Prozessfähigkeiten wie Bohren oder Montieren darstellen. Diese Modelle werden zur Wiederverwendung aufbereitet und auf dem Eclipse-BaSyx-Portal allen Interessierten zugänglich gemacht.

Beim aktuellen Vernetzungstreffen in Berlin stellten die Projektpartner von über 20 Satelliten ihre Entwicklungen vor. Anschließend diskutierten die 30 Präsenzteilnehmenden und mehr als 100 virtuellen Teilnehmenden ausgiebig über ihre Ideen rund um BaSys.

Stimmen aus der Wirtschaft – das sagen die Projektpartner über Eclipse BaSyx
Constantin Ziesche, Projektleiter für Produktentwicklung bei der Robert Bosch GmbH, ist bereits seit 2016 Teil der BaSys-Forschungsreihe und ist einer der Hauptentwickler des .NET Stacks der Open-Source-Middleware Eclipse BaSyx: »Im neuen Kunden- und Innovationszentrum am Bosch Rexroth Standort in Ulm wird die BaSyx-Middleware in der Modellfabrik eingesetzt. Sämtliche Geräte, Maschinen und Anlagen der Modellfabrik verfügen dabei über eine Verwaltungsschale, die mittels BaSyx erstellt wurde. Diese integrieren sich in einer zentralen Registry und ermöglichen dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsfälle, die als Applikationen darauf aufsetzen. Eine Anwendung ist die Ablaufsteuerung der Anlage mittels eines Business Process Models (BPMN) und einer Workflow Execution Engine. Dieses System an Workflows und Applikationen für die Ablaufsteuerung bezeichnet Bosch als Orchestrierungslösung.«

Auch Andreas Bader, der Vorstand von objective partner AG, ist seit 2018 im BaSys-Forschungsprojekt aktiv und betont die Vorteile der BaSyx-Middleware im Unternehmensalltag: »Mit Eclipse BaSyx als Middleware haben wir einen hervorragenden Ausgangspunkt, um die Digitalisierung und Vernetzung im Umfeld von Industrie-4.0-Vorhaben zu realisieren. Angefangen von der Instandhaltung über die Anlagen-/Fertigungs-Steuerung bis hin zur Unterstützung neuer Geschäftsmodelle wie Asset as a Service und einiges mehr, greifen wir auf bereits in Eclipse BaSyx umgesetzte Konzepte zurück und ergänzen punktuell. Die Verfolgung eines gemeinsamen Ziels, nämlich Industrie 4.0 in der Praxis erlebbar zu machen und dabei unkompliziert und professionell an der Lösungsfindung mitzuwirken, habe ich in den vergangenen drei Jahren unserer Zusammenarbeit mit dem IESE und seinen Mitarbeitenden sehr zu schätzen gelernt.«

Jürgen Hamm, Solutions Architect SAP, ergänzt, wie BaSyx bei den Kundenprojekten von NetApp zum Einsatz kommt: »NetApp arbeitet seit nunmehr drei Jahren eng mit dem Fraunhofer IESE zusammen. Dabei stellen wir immer wieder fest, dass BaSyx auch bei unseren Kunden auf großes Interesse stößt. Vielen Kunden fehlt leider das Wissen oder sie haben nicht die Ressourcen, um auf der Grundlage der Open-Source-Middleware Eclipse BaSyx eine produktionsfertige Version zu entwickeln. Gemeinsam mit weiteren Partnern haben wir diese Lücke geschlossen und sind nun in der Lage, BaSyx in einer Produktionsumgebung automatisiert und inklusive der notwendigen Infrastruktur, angebunden an ERP und an die Cloud-Umgebung des Kunden, bereitzustellen.«

Zum Hintergrund der BaSys-Forschungsreihe
Die Kernprojekte – auf denen die Satelliten basieren – sind die Forschungsprojekte BaSys 4.0 und BaSys 4.2. Erstgenanntes war im Juli 2016 gestartet und nach drei Jahren Laufzeit abgeschlossen; letzteres befindet sich derzeit noch in der Anwendung.

Um einheitliche Standards für die Industrie 4.0 zu etablieren, hat das Fraunhofer IESE gemeinsam mit 14 anderen Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts BaSys 4.0 die Open-Source-Middleware Eclipse BaSyx entwickelt. Diese Basistechnologie ermöglicht es Firmen, mithilfe des Einsatzes der Verwaltungsschale alle erforderlichen Dienste der Fertigung bereitzustellen und miteinander zu verknüpfen. Auf diese Weise können Produktionsschritte noch vor ihrer Durchführung virtuell erprobt werden, um so mögliche Fehlerquellen frühzeitig auszumerzen. Daneben lässt sich die Produktion gezielt optimieren, genauere Prognosemöglichkeiten können abgegeben werden und die Fertigung kann permanent überwacht und kontrolliert werden.

Aufbauend auf diesem Erfolg schloss das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Sommer 2019 das Vorhaben BaSys 4.2 an. Dieses umfasst die übergreifende Modellierung und Optimierung der Fertigung – von Prozessen über Geräte bis hin zu Produkten.

Mit BaSys überProd wird die Projektreihe fortgesetzt. Seit Beginn 2021 arbeiten 21 Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft im Forschungsprojekt »Basissystem für die unternehmensübergreifende Produktionsunterstützung« (kurz: BaSys überProd) daran, Industrie-4.0-Anwendungen flächendeckend in der Wirtschaft zu etablieren. Mit der Förderung von BaSys überProd setzt sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung gezielt dafür ein, wiederverwendbare Lösungen für den Wandel hin zur flexiblen Industrie-4.0-Produktion zu schaffen.

 

Ansprechpartner

Dr. Thomas Kuhn
Division Manager Embedded Systems
Fraunhofer-Platz 1
67663 Kaiserslautern

Telefon +49 631 6800-2177

thomas.kuhn@iese.fraunhofer.de

Letzte Änderung: