Nachhaltige Softwareentwicklung

Wir gestalten die Zukunft und fördern die Digitalisierung mit nachhaltiger Software.

Was ist Nachhaltigkeit?

Jahresbericht 2022/2023, Fraunhofer IESE
© unsplash.com/Jason Leung; Fraunhofer IESE

Unter Nachhaltigkeit oder nachhaltiger Entwicklung versteht man, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei ist es wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – wirtschaftlich effizient, sozial gerecht, ökologisch tragfähig – gleichberechtigt zu betrachten.

Wir legen einen großen Wert darauf, diese drei Dimensionen von Nachhaltigkeit in unserer Forschung und in unseren Anwendungen zu berücksichtigen.

Nachhaltige Entwicklung bedeutet für uns, Umweltaspekte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Aspekten zu betrachten, denn es sollte das Ziel der gesamten Gesellschaft sein, mit den globalen Ressourcen umwelt- und verantwortungsbewusst umzugehen.

Green IT: Softwareentwicklung nachhaltig gestalten

Ressourcen schonen mit nachhaltigem Software- und Systems-Engineering

Sustainable Software Design: Background and Best Practices, Fraunhofer IESE
© iStock.com | Blue Planet Studio

Green Computing ist ein Sammelbegriff für alle Bemühungen, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) zum Zwecke der Ressourcenschonung in der Gesellschaft oder Wirtschaft einzusetzen (Green by IT) oder die IKT an sich nachhaltig und ressourcenschonend zu betreiben (Green IT).

Es geht im Kern immer um Ressourcenschonung, aber es ist jedem klar, dass Ressourcenschonung auf unterschiedliche Art und Weise zustande kommen kann: Beispielsweise, indem man Systeme so konstruiert, dass sie weniger Ressourcen verbrauchen oder sie aber besonders lange benutzt, sodass die Ressourcen zur Herstellung nicht erneut in Anspruch genommen werden müssen. Oder man hält die Ressourcen im Kreislauf – also verwendet Dinge wieder.

Man hat bestimmte Konstruktionsziele beim Bauen von Systemen und damit natürlich auch beim Entwickeln von Software. Aktuell ist die Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema, das sich letztendlich auf viele Dinge im Software Engineering, auch beim Fraunhofer IESE, durchschlägt: zum Beispiel auf die Architekturen, also auf die Art und Weise, wie man Software strukturiert. Es spiegelt sich aber durchaus auch in den Systemsoftwaren wider, also in den Betriebssystemen, die bestimmte Fähigkeiten besitzen müssen, auf denen man aufbauen kann. Und natürlich hat der Fokus auf Nachhaltigkeit auch einen Einfluss auf die Entwicklungsmethodik an sich – also Verfahren, die es gestatten, früh die richtigen Entscheidungen zu treffen und sich zu vergewissern, dass diese Entscheidungen auch so wirken, wie sich das der Ingenieur oder die Ingenieurin wünscht.

Digitalisierung und Nachhaltigkeit – zusammen geht es besser!

Das Fraunhofer IESE macht mit digitalen Lösungen die nachhaltige Fertigung »einfach«

Bei der nachhaltigen Produktion ist natürlich der Ressourceneinsatz sehr wichtig. Das bedeutet, pro Produkt möchte man möglichst wenige Ressourcen nutzen. Idealerweise produziert man in einer Kreislaufwirtschaft. Man nutzt also Ressourcen, die vorher – zumindest zu einem Großteil - recycelt wurden. Es geht aber auch um den Energieeinsatz bei der Produktion. Das bedeutet, es gibt manchmal energieintensive Produktionsschritte. Diese sind oft auch notwendig, aber manchmal kann man durch einfache Maßnahmen die notwendige Energie senken.  

Beim ersten Teilschritt kann zum Beispiel der digitale Produktpass eingesetzt werden, um nicht nur das Produkt selbst zu beschreiben, sondern auch die eingesetzten Ressourcen und gegebenenfalls auch Rezepte, um diese wieder möglichst gut zu recyceln. Am zweiten Aspekt, dem Energieverbrauch, arbeiten wir selbst. Es geht uns darum, durch ein modernes Scheduling die Produktionsplanung mit einer Prognose zur Verfügbarkeit von regenerativen Energien zu koppeln, sodass es möglich ist, energieintensive Produktionsschritte dann durchzuführen, wenn regenerative Energien zur Verfügung stehen. Und hier hat man gleich einen doppelten Vorteil, denn: Natürlich hilft das der Umwelt, es hilft aber auch dem Geldbeutel, weil die Produktion günstiger wird. Für den dritten Fall arbeiten wir an effizienten Verfahren für die Produktion kleiner Losgrößen. Es ist nämlich nicht nur wichtig, dass man kleine Losgrößen effizient produzieren kann, sondern auch, dass man diese kleinen Losgrößen zu dem Zeitpunkt produziert, wenn sie erforderlich sind. Das bedeutet, man muss Rüstzeiten anpassen und Vertragsverhandlungen automatisieren. Es erfordert ein integriertes Betriebssystem für die Produktion. Daran arbeiten wir zum Beispiel im Projekt BaSys4Transfer.

Lesen Sie dazu auch unseren Blogbeitrag zum Projekt greenProd:
Energieoptimierte Produktion mit Digitalen Zwillingen

Das Potenzial von Digitalen Zwillingen für nachhaltige Smart Cities

Nachhaltige Stadtentwicklung und digitale Überwachung durch Simulationsmodelle

Referenzprojekt: EcoMobility, Fraunhofer IESE
© iStock.com/Danila Shtantsov

Smart Cities und Nachhaltigkeit hängen untrennbar miteinander zusammen. Smarte Technologien in Städten können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, wertvolle Ressourcen zu schonen und so die Energiekrise zu bewältigen. Vor allem dem Digitalen Zwilling wird in diesem Zusammenhang ein großes Potenzial zugesprochen. In der Industrie hat man die Mehrwerte von Digitalen Zwillingen bereits erkannt; nun entwickeln auch die Städte digitale Abbilder der vielfältigen Prozesse in Gebäuden, Straßen, Gewässern und Stromnetzen.
Die IESE-Expertinnen und Experten sind davon überzeugt, dass sich die Entwicklung von Digitalen Zwillingen für smarte Städte und Regionen erst am Anfang befindet. 

Der Digitale Zwilling bietet aber nicht nur für Städte ein großes Potenzial, sondern auch für ländliche Regionen. Für einen ländlich geprägten Raum könnte zum Beispiel die Abbildung dezentraler Energieerzeugung relevant sein, da hier im Vergleich zur Großstadt deutlich mehr Photovoltaik-Anlagen in Privathaushalten Energie erzeugen. In der Stadt hingegen könnte eher ein integriertes Energiekonzept, in dem E-Mobilität eine tragende Rolle spielt, abgebildet werden. Das bedeutet: Die Anwendungsfälle ähneln sich zwar, können sich jedoch in ihrer Ausprägung und Umsetzung zwischen urbanen und ländlichen Räumen unterscheiden.

Digitale Zwillinge in der Stromversorgung

Das Fraunhofer IESE erforscht die Auswirkungen von steigender Elektromobilität

Zur Erreichung der Klimaschutzziele muss auch der Energiebedarf für private und öffentliche Mobilität zunehmend aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Es ist daher zu erwarten, dass die Stromverteilnetze nicht nur durch dezentrale Erzeugungsanlagen, sondern auch durch das Ladeverhalten von Elektrofahrzeugen erheblich belastet werden. Die Erforschung der Auswirkungen von steigender Elektromobilität auf die Verteilnetze und wie man ihnen mit Hilfe von Digitalen Zwillingen begegnen kann, liegt im Fokus des Forschungsprojekts »MobiGrid«.

Elektrofahrzeuge und die zunehmende Einspeisung elektrischer Energie aus dezentralen Erzeugungsanlagen stellt Verteilnetzbetreiber vor neue Herausforderungen. Steigende Batteriekapazitäten der Elektrofahrzeuge, verbunden mit dem Wunsch nach kurzer Ladezeit, werden die Bezugsleistung in den Verteilnetzen künftig weiter in die Höhe treiben. Diese Herausforderungen müssen zunehmend von Smart Grids (deutsch: »intelligente Stromnetze«) bewältigt werden, in denen Flexibilität ein Baustein zur Sicherstellung der System- und Versorgungssicherheit darstellt.

Die Open-Source-Middleware Eclipse BaSyx wird auf die Energiewirtschaft übertragen. Digitale Zwilling repräsentieren grundsätzlich nicht nur physische Objekte wie mechanische Bauteile, sondern auch nicht-physische Objekte wie Prozesse und Dienstleistungen. Im Bereich der Stromnetze handelt es sich dabei häufig um Simulationsmodelle, die die Eigenschaften des Zwillings aus der realen Welt in geeigneter Weise nachbilden.

Industrie 4.0: wichtiger Baustein im Kampf gegen Greenwashing

Mit der Verwaltungsschale Produkten den vermeintlich grünen Anstrich entziehen

Industrie 4.0: wichtiger Baustein im Kampf gegen Greenwashing, Fraunhofer IESE

Die Industrie-4.0-Middleware BaSyx wurde über die vergangenen Jahre hinweg mit vielen weiteren Partnern vom Fraunhofer IESE entwickelt. Sie steht interessierten Firmen Open Source zur Verfügung und ist wie eine Art Baukasten konzipiert, aus dem Unternehmen genau die Komponenten für bestimmte Anwendungsfälle beziehen können, die sie gerade brauchen. Dazu zählt etwa auch das Prinzip der Verwaltungsschalen.

Dabei handelt es sich um standardisierte Digitale Zwillinge, die in einer einheitlichen Struktur aufgebaut sind. Jede Verwaltungsschale enthält Teilmodelle, die sowohl den Zustand eines realen Assets abbilden als auch bei Bedarf Live-Daten zur Verfügung stellen. Kurzum: Die Verwaltungsschale beinhaltet sämtliche Daten über die Eigenschaften eines Produkts sowie dessen Fertigungshistorie und kann diese mit Hilfe von Algorithmen verarbeiten.

Und hier nun zurück zur Greenwashing-Problematik: Das Prinzip der Verwaltungsschalen sieht auch das sogenannte CO2-Teilmodell vor. Dieses dokumentiert herstellerübergreifend den CO2-Fußabdruck der eigenen Produktionsschritte, aber auch den von den Produktionsschritten aller Zulieferer und ermöglicht damit eine Dokumentation entlang der gesamten Lieferkette eines Produkts. Damit lässt sich klar und deutlich nachvollziehen, wie viel CO2 bei der Herstellung eines Produkts angefallen ist. Grobe Schätzfehler, wie sie derzeit noch in vielen ESG-Berichten gang und gäbe sind, kann damit die Basis entzogen werden.

Nachhaltigkeit durch kognitive Systeme und autonome Maschinen

Arbeit für nachhaltige Entwicklungen und sichere autonome Systeme

Nachhaltige Landwirtschaft, Kreislaufwirtschaft, Energiewende und andere Handlungen in planetaren Grenzen sind mit Aufgaben verbunden, die die menschlichen Fähigkeiten übersteigen. Hier kommen kognitive Systeme unterstützend zum Einsatz.

So kann beispielsweise die komplexe Verarbeitung von sehr vielen Informationen in kürzester Zeit erfolgen. Menschen dienen hierbei nur bedingt als sichere Rückfallebene, um Verlässlichkeit zu erreichen. Man muss sich also auf das autonome Verhalten der Systeme verlassen können.

Neben den kognitiven Fähigkeiten sind auch motorische Fähigkeiten sehr wichtig für eine nachhaltige Entwicklung. Unkraut jäten kann beispielsweise den notwendigen Einsatz von Pestiziden minimieren, verlangt jedoch ein gewisses motorisches Geschick. Solche motorisch diffizilen Aufgaben können zunehmend von Robotern, Maschinen und Drohen erledigt werden. Auch aus wirtschaftlichen Gründen müssen Prozesse im Digital Farming typischerweise autonom ablaufen. Eine herausfordernde Grundvoraussetzung ist dabei, dass die Sicherheit (Safety) gewährleistet ist.

Verlässlichkeit und Sicherheit gehören zu den wesentlichen Hürden beim Einsatz kognitiver Systeme und autonomer Maschinen für nachhaltige Entwicklungen. Wir helfen Ihnen, diese Herausforderungen zu bewältigen und neue Standards zu setzen.