Tour durch die Heimat: Das IESE auf Bereisungstour – Teil 3: Digitalisierung der Gemeinden Senden, Detmold und Göttingen

Ende August startete das Fraunhofer IESE seine dritte Bereisung im Rahmen der Förderinitiative »Heimat 2.0« des Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) zur Digitalisierung von Gemeinden. Für die letzte Tour ging es für das IESE als Forschungsassistenz zu den Modellvorhaben Senden, Detmold und Einbeck. Dort besuchte unsere Heimat 2.0-Projektleiterin Anna Schmitt am ersten Tag zunächst das Modellvorhaben »LoReNa – Online lokal einkaufen« in der Gemeinde Senden. Am zweiten Tag fanden Gespräche mit dem Modellvorhaben »RE-BUILD-OWL – Digitalisierungskompetenz für zirkuläres Bauen in Ostwestfalen-Lippe« in der Gemeinde Detmold und »kulturis – Online-Plattform für die Kultur in Südniedersachsen« in der Gemeinde Göttingen/Einbeck statt.

Ziel der Bereisungsgespräche war der persönliche Austausch mit den Modellvorhaben. Dabei bildeten die Bereiche »Zusammenarbeit mit Netzwerk- und Kooperationspartner*innen« sowie »plan- und außerplanmäßige Aktivitäten«, »Herausforderungen«, die »Einbindung der Zielgruppen«, dem »Entwicklungsstand der digitalen Lösungen«, »Öffentlichkeitsarbeit« und »Nächste Schritte« den Kern der Gespräche.

Erster Stopp: Digitalisierung der Gemeinde Senden mit dem Modellvorhaben »LoReNa«

Der erste Halt in Senden stand ganz im Zeichen der Digitalisierung der regionalen Versorgungsstruktur. Hierfür sollen regionale Online-Angebote für Einzelhändler*innen, Lebensmittelerzeuger*innen und Konsument*innen geschaffen werden. Im Projekt »LoReNa« geschieht dies anhand zweier unterschiedlicher Marktplatzsysteme, die spezifisch auf die Bedürfnisse der jeweiligen Anbietergruppen ausgerichtet sind. So wird ein Marktplatz für Einzelhändler*innen entwickelt, deren Ziel eine breitere Sichtbarkeit des eigenen Unternehmens ermöglicht. Nicht im Vordergrund steht hier ein Online-Marktplatz mit zu verkaufenden Produkten. Anders sieht das bei den Lebensmittelerzeuger*innen aus. Diese wollen genau solch einen Online-Marktplatz, um ihre Produkte einem breiteren Publikum anzubieten. Durch die Digitalisierung der Versorgungsstruktur soll Einzelhändler*innen und Lebensmittelerzeuge*:innen die Möglichkeit gegeben werden, ihren stationären Betrieb und die zugehörige Ware online zu präsentieren und zu verkaufen.

Abbildung 1: Die LoReNa-Projektleiterinnen Ulrike Schulze Tomberge (links) und Jana Friedrich (rechts)

Im LoReNa-Projekt stellten sich die Projektleiterinnen Jana Friedrich und Ulrike Schulze Tomberge (Abbildung 1) der Herausforderung, die mit einem Online-Vertrieb einhergehende Logistik so zu synchronisieren, dass die Produkte reibungslos von den Lebensmittelerzeuger*innen zu den Konsument*innen gelangen. Dies gestaltet sich insbesondere in ländlichen Regionen aufgrund der langen Fahrtwege als schwierig. Nach langer Suche fand sich ein Logistikunternehmen, welches das Vorhaben künftig unterstützt. Dieses hatte ursprünglich zum Ziel nur das Stadtgebiet um Münster zu befahren, weitet seine Fahrten jetzt jedoch auch auf die Landregionen aus.

Was die Digitalisierung der Marktplätze und somit auch die digitale Lösung betrifft, wurden mit www.regional-bei-dir.de für den Marktplatz der Einzelhänder*innen und www.wochenmarkt24.de für den Marktplatz der Lebensmittelerzeuger*innen zwei Anbieter gefunden. Auf deren Lösungen aufbauend werden die beiden Marktplätze für die Region entwickelt. Der Marktplatz der Einzelhänder*innen ist bereits online gegangen, der Marktplatz der Lebensmittelerzeuger*innen soll im Herbst folgen.

Die Live-Schaltung des Marktplatzes der Lebensmittelerzeuger*innen zählt demnach zu einem der nächsten großen Schritte im Projekt – neben Onboarding-Workshops für Lebensmittelerzeuger*innen, um ihnen den Marktplatz näher zu bringen sowie einem Food Market 2023 in einer zentralen Region. Auf diesem können sich Lebensmittelvermarkter*innen, die auf den Marktplätzen präsent sind, einen Stand einrichten. Ziel des Food Market ist es, das LoReNa-Projekt und die damit verbundenen Möglichkeiten bekannt zu machen und sowohl weitere Anbieter*innen als auch potentielle Kund*innen zu gewinnen.

Zweiter Stopp: Die Gemeinde Detmold mit dem Modellvorhaben »RE-BUILD-OWL«

Am zweiten Tag der Bereisungstour besuchte unsere Kollegin Anna die Verantwortlichen des Modellvorhabens »RE-BUILD-OWL« in Detmold. Hier traf sie sich mit Projektleiterin Lisa Pusch und Birgit Essling von »Lippe zirkulär« im Kreishaus von Detmold (Abbildung 2). Mit ihrem Vorhaben, der Kombination aus »Digitalisierung der Gemeinde« und »zirkuläres Bauen«, treffen sie den Nerv der Zeit. Bereits viele unterschiedliche Institutionen haben Interesse am Projekt angemerkt, wodurch sich auch zur Wirtschaft schon gute Kontakte knüpfen ließen. Doch um was geht es in dem Projekt eigentlich?

Abbildung 2: RE-BUILD-OWL-Projektleiterin Lisa Pusch (links) und Brigit Essling von Lippe zirkulär (rechts) vor der neuen Fassade des Kreishauses in Detmold

Mit RE-BUILD-OWL soll der Weg hin zur Transformation der kommunalen Bau- und Sanierungstätigkeit geebnet werden. Speziell strukturschwache Kommunen erhalten die Chance, ihre Bautätigkeiten zirkulär auf- und umzusetzen. Als Folge davon ist angedacht, den Markt für zirkuläres Bauen, d. h. Produkte und Dienstleistungen, zu fördern. Hier läuft die Sensibilisierung und Aktivierung über Fachbereiche und Verwaltungsvorstände auf Hochtouren.

Um möglichst viele Menschen in das Projekt miteinzubinden, wurden unterschiedliche Beteiligungsformate gewählt. So gibt es Workshops, Testzeiträume für die digitale Lösung, Online-Veranstaltungen, Online-Umfragen und bilaterale Gespräche wie bspw. Expert*innen-Interviews. Ebenso ist das Projektteam auf diversen Veranstaltungen unterwegs, wie der Hannover Messe, dem Circular Economy Hotspot und dem Circular Futures Festival sowie auf den eigenen Kanälen, wie der Webseite oder Instagram, aktiv. Dadurch haben bereits auch andere Kommunen wie Bremen, Berlin oder München ihr Interesse angemeldet, was illustriert, dass die Lösung übertragbar ist. Zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung und OWL Maschinenbau werden Bar Camps organisiert, um darin zirkuläres Bauen zu diskutieren, Akteure in diesem Bereich anzusprechen und Kommunen und Industrie zusammen zu bringen.

Die digitale Lösung an sich befindet sich noch teilweise im Ausschreibungsprozess. Anforderungen wurden durch Recherchen, Austausch in den Netzwerken, Expert*innen-Interviews und Umfragen bereits erhoben und dienten mitunter als Basis für die Entwicklung erster Mockups. Diese Mockups stellen die Grundlage für das Entwicklungsunternehmen dar und wurden in Usability Workshops durch Pilotanwender*innen getestet. Die Programmierung der digitalen Lösung befindet sich aktuell im Ausschreibungsprozess; die Programmierung des UX-Design wurde bereits vergeben.

In den nächsten Schritten des Vorhabens sind  der sogenannte »3. Fachdialog« und ein Besuch beim Heinze-Klima-Festival geplant. Ein weiterer Schritt in der Öffentlichkeitsarbeit ist auch die Veröffentlichung des zweiten Bereichs »Mitwirken«, welcher unter dem gleichnamigen Reiter auf der Projekt-Webseite verfügbar ist. Des Weiteren wird die Roadmap fortgeschrieben und die Programmierung für die digitale Lösung vergeben. Ebenso wird eine vor-Ort-Begehung der Modellgebäude durch das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) stattfinden und die erworbenen Erkenntnisse in die digitale Lösung übernommen.

Dritter Stopp: Digitalisierung der Gemeinde Einbeck mit dem Modellvorhaben »kulturis«

Im Anschluss an »RE-BUILD-OWL« besuchte unsere Kollegin Anna das Modellvorhaben »kulturis« der Gemeinde Einbeck. Das Treffen fand jedoch nicht in Einbeck selbst, sondern beim Kooperationspartner »Landschaftsverband Südniedersachsen« in Göttingen statt. Dort sprach sie mit Projektleiter Moritz Steinhauer und dem Geschäftsführer des Landschaftsverbandes Olaf Martin (Abbildung 3).

Abbildung 3: IESE-Heimat 2.0-Projektleiterin Anna Schmitt (links), kulturis-Projektleiter Moritz Steinhauer (mittig) und Geschäftsführer des Landschaftsverbandes Olaf Martin (rechts)

Mit dem Projekt »kulturis« soll die Digitalisierung der Kultur in der südniedersächsischen Region vorangetrieben werden. Dadurch sollen Kulturschaffende der Region Südniedersachsen sichtbarer sowie der Zugang zu Kulturangeboten für Kulturinteressierte verbessert werden. Neben der größeren Reichweite für Kulturveranstaltungen und der Digitalisierung im Kulturbereich dient »kulturis« einer verbesserten Informationslage der Bürger*innen.

Einen großen Erfolg feierte das Projekt bereits bei seiner Verstetigung und Übertragbarkeit der digitalen Lösung. Mit dem Landeszentrum freies Theater Sachsen-Anhalt und dessen Portal für Freies Theater in Sachsen-Anhalt »Theatris« vollzog sich der erste Transfer der Plattform. Die Transferarbeit kostet jedoch viel Zeit und Geld, wodurch es im eigenen Projekt zu Verzögerungen kommen kann. Vor allem die Schnittstellenarbeit ist mit einigem Aufwand verbunden.

Ebenfalls Zeit und Geld kostet die konsequente Ausrichtung der eigenen Infrastrukturen auf die Open-Source-Technologie, da viele unvorhergesehene Aspekte auftauchen, wie bspw. das Überschreiben von Konfigurationen bei Updates oder die Priorisierung der Suchfunktionen. Dennoch sieht das kulturis-Projektteam für sich klare Vorteile in der Nutzung von Open Source-Software. So hat bspw. »Theatris« die OpenCulturas-Plattform auf sich transferiert und in diesem Zuge neue Features implementiert. Diese stehen nun auch dem kulturis-Projekt zur Verfügung. Dieses Beispiel zeigt, dass das System permanent weiterentwickelt wird. Es stehen mehr Personen zur Verfügung, die Bug-Fixes melden oder Features programmieren, die dann der ganzen Community zur freien Verwendung verfügbar sind. Ein enger Austausch besteht zudem mit OWL-Live, welche eine Plattform mit ähnlichem Konzept und ebenfalls auf Basis einer Open Source-Software aufbauen, jedoch mit mehr Mitteln in der Hinterhand. Hier ist eine Kooperation vorgesehen, um gemeinsam Terminstandards und Datenaustauschschnittstellen zu entwickeln.

Der erste Launch der kulturis-Plattform ist für Mitte September geplant. Hierbei ist das Projekt nicht nur auf eine gute Open Source-Software, sondern auch auf die Kulturschaffenden angewiesen, da diese Inhalte für die digitale Lösung liefern müssen. Es muss folglich ein umfassendes Onboarding stattfinden. Getestet wurde die im Mai bereitgestellte Closed-Beta-Version der kulturis-Plattform bereits von ausgewählten, technikaffinen Kulturschaffenden.

Nach dem Launch ist es das Ziel, die kulturis-Plattform intensiv zu bewerben und ihre Existenz nach außen zu kommunizieren. Mit dem Slogan »Nichts mehr verpassen« werden Flyer und Plakate verteilt, Social Media Werbung auf Facebook und Instagram betrieben und Anzeigen in Magazinen geschaltet. Das eigene kulturis-Magazin läuft bereits seit einiger Zeit und bietet einmal wöchentlich große Artikel oder Interviews zu allen Themen rund um die Kultur.

Die nächsten große Schritte sind zum einen der Launch der digitalen Lösung, welche Mitte September stattfinden soll. Zum anderen werden Video-Workshops angeboten unter dem Namen »#kultursichtbar«, welche Kulturschaffende in multimedialer Darstellung schulen.