Digitale Ökosysteme und Nachhaltigkeit

Smarte.Land.Regionen – unser Projekt als Paradebeispiel für das Zusammenspiel zwischen Digitalen Ökosystemen und Nachhaltigkeit

Gesamtgesellschaftlich steigt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit auf verschiedenen Ebenen. Auf der Angebotsseite spiegelt sich dies in verschiedenen Branchen wider – von nachhaltiger Mode bis zur Ressourcenschonung beim Energieverbrauch. Dadurch steigt zum einen der Bedarf an Transparenz auf Nachfragerseite und zum anderen lässt sich auch ein Umdenken auf Anbieterseite erkennen. Bei großen Unternehmen ist es mittlerweile Standard, dass ökonomische, soziale und ökologische Effekte, die durch das Unternehmen entstehen oder gefördert werden, offen kommuniziert werden. Das führt dazu, dass bspw. bereits bei der Konzeption von Prozessen Nachhaltigkeit mitgedacht werden muss. 

In diesem Blog-Beitrag wollen wir den Begriff der »Nachhaltigkeit« näher definieren und auf die für die Definition wesentlichen »Sustainable Development Goals (SDGs)« der Vereinten Nationen eingehen. Anschließend zeigen wir auf, wie Nachhaltigkeit bei der Konzeption und Umsetzung Digitaler Ökosysteme von Beginn an mitgedacht werden kann und welche Implikationen dies mit sich bringt.  

»Nachhaltigkeit« und »Sustainable Development Goals« als Grundlage für zukunftsbewusstes Handeln 

Unter »Nachhaltigkeit« wird eine dauerhafte Entwicklung verstanden, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können [1]. Diese Definition wird durch das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit ergänzt. Danach sind Wirtschaft, Ökologie und Soziales gleichrangig und gleichgewichtig [2]. Das bedeutet, dass die Nutzung von Ressourcen, die Ziele von Investitionen, technologische Entwicklungen und der institutionelle Wandel so entwickelt werden müssen, dass sie diesen drei Säulen entsprechen, diese erhalten und weiterentwickeln. Das Ziel des Modells besteht folglich darin, die Säulen »Wirtschaft«, »Ökologie« und »Soziales« gleichrangig zu verfolgen. Folgende Dimensionen lassen sich den jeweiligen Säulen zuordnen:  

Ökonomische Nachhaltigkeit 

  • Erhaltung und Entwicklung des von Menschen geschaffenen Kapitalstocks 
  • Effizienz, Stabilität, Wettbewerb, (Wachstum) … 

Soziale Nachhaltigkeit 

  • Erhaltung und Entwicklung des sozialen Kapitals 
  • Bildung, Sicherheit, Gesundheit, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Integration, Beteiligung … 

Ökologische Nachhaltigkeit 

  • Erhaltung ökologischer Systeme 
  • Ressourcen- und Umweltschutz 
  • Funktions- und Artenerhaltung 
  • Risiko- und Emissionsbegrenzung 

Hinsichtlich der Entwicklung von Software und Design muss das Drei-Säulen-Modell um die Säule der »Technologie« erweitert werden. Abbildung 1 veranschaulicht dieses Prinzip. Dies erfordert bei der Softwareentwicklung eine Reflektion über die benötigten Ressourcen sowie die Berücksichtigung von Methoden einer nachhaltigen Softwareentwicklung.

 

 

Neben dem Nachhaltigkeitsmodell mit Ergänzung der Säule »Technologie« sollten bei der Umsetzung und Entwicklung digitaler Lösungen auch die 17 »Sustainable Development Goals« (SDGs) der Vereinten Nationen berücksichtigt werden [3]. Die 17 SDGs verfolgen das Ziel, eine globale Nachhaltigkeitspolitik zu erreichen. Sie dienen somit als Grundlage für regionale und kommunale Nachhaltigkeitsstrategien und Nachhaltigkeitsziele von Unternehmen und Institutionen.

Was hat es nun mit der Nachhaltigkeit Digitaler Ökosysteme auf sich? 

»Ein Digitales Ökosystem ist ein sozio-technisches System, in dem Unternehmen und Menschen kooperieren, die zwar unabhängig sind, sich von der Teilnahme aber einen gegenseitigen Vorteil versprechen« [4]. Den Kern Digitaler Ökosysteme bildet dabei eine digitale Plattform, welche die Kooperation zwischen Unternehmen und Menschen ermöglicht und deren Nutzung für beide Seiten einen Mehrwert darstellt. Dieser Mehrwert wird durch eine klare Adressierung der Bedürfnisse potenzieller Zielgruppen erreicht. Sowohl Anbietende als auch Nachfragende profitieren in diesem sozio-technischen System.  

»Der Gesamtnutzen eines Digitalen Ökosystems ergibt sich somit aus der Kombination der digitalen, vermittelnden Plattform und einer großen Menge an Partnern, die zum gegenseitigen Nutzen am Digitalen Ökosystem teilnehmen und durch ihre Interaktionen über die Plattform zu Netzwerkeffekten führen« [5].

 

 

Das Fraunhofer-Referenzmodell für Digitale Ökosysteme zeigt die Vielschichtigkeit und Komplexität Digitaler Ökosysteme auf.  

»Das beginnt bei der Organisation, die das Digitale Ökosystem initiiert und betreibt, reicht über alle involvierten Partner und die Nutzer-Community bis hin zum direkten und indirekten Wettbewerb. Dabei gilt es, für alle im Modell aufgeführten Punkte eine integrierte Betrachtung von geschäftlichen, technischen und rechtlichen Aspekten einzunehmen.« [6] 

Eine Möglichkeit, um Nachhaltigkeit in Digitale Ökosysteme einzubeziehen, ist eine Betrachtungsweise ausgehend vom »Core«, dem Kern des Modells. Demnach wirkt sich Nachhaltigkeit auf alle Ebenen des Modells aus. Wird also bereits im Kern des Modells Nachhaltigkeit aktiv mit eingeplant, wirkt sich dies, wie ein Tropfen, der Wellen schlägt, auf alle anderen umgebenden Ebenen aus. Aufgrund der Weite des Bergriffs Nachhaltigkeit ist es denkbar, den Fokus auf einen bestimmten Bereich (ökonomische, soziale, ökologische, technologische Nachhaltigkeit) zu richten bzw. Ziele für die einzelnen Bereiche abzuleiten. Diese können sich beispielsweise an den Sustainable Development Goals (SDGs) orientieren.  

Um diesen Ansatz zu veranschaulichen, möchten wir an dieser Stelle ein Beispiel anführen: unser Forschungsprojekt »Smarte.Land.Regionen«. 

Im Rahmen des Forschungsprojekts Smarte.Land.Regionen soll unter anderem ein Digitales Ökosystem entwickelt werden, das Landkreisen ermöglicht, zum einen digitale Lösungen und zum anderen Beratung hinsichtlich dieser Lösungen zu erwerben. Die zu entwickelnde digitale Plattform kann hierfür als Basis (Core) des Ökosystems verstanden werden. Damit verbundene strategische Konzepte und die Vision sind unter »Organization« einzuordnen. Lösungsanbieter und Berater*innen sowie die Landkreise können als »Partner« und »Community« verstanden werden. Die beiden äußeren Ebenen der Competitors und Other Players werden zunächst nicht adressiert.

 

 

Ein Aspekt der Nachhaltigkeit, der im Forschungsprojekt Smarte.Land.Regionen stark fokussiert wird, ist die Entwicklung der Lösungen nach dem Open-Source-Ansatz. Dadurch wird die technologische bzw. digitale Nachhaltigkeit gefördert. 

»Open Source« bezeichnet eine Art von Software, deren Quellcode öffentlich zur Verfügung gestellt wird. Sie kann somit von jedem genutzt, inspiziert, geändert und verarbeitet werden. Die dadurch generierten Vorteile wie Transparenz, Entgegenwirken von Fachkräftemangel und direkter Kontakt zu Nutzenden und Entwickelnden rücken das System »Open Source« mehr und mehr in den Fokus von Unternehmen und machen es zu einem probaten Mittel für die Entwicklung von Software [7].

Durch die Ausübung des genannten Open-Source-Ansatzes werden bereits folgende SDGs berücksichtigt und adressiert:

  • SDG 10: Verringerung von Ungleichheit  
  • SDG 9: Aufbau widerstandfähiger Infrastruktur, Förderung breitenwirksamer, nachhaltiger Industrialisierung und Unterstützung von Innovation. 

Darüber hinaus greift unser Forschungsprojektteam auch auf bereits bestehende Eigen- und Fremdentwicklungen zurück. Dadurch reduziert sich der Ressourcenverbrauch auf verschiedene Ebenen. 

In Anbetracht unserer zu Beginn des Artikels geschilderten Betrachtungsweise – dass sich Nachhaltigkeit ausgehend vom Kern (Core) des Modells auf alle Ebenen auswirkt – lässt sich schlussfolgern, dass sich auch der von uns im Beispiel genannte Fokus auf Open-Source-Strategien auf alle weiteren Ebenen auswirken wird. Gleiches gilt für den Einbezug bestehender Entwicklungen/Lösungen. 

Fazit und Handlungsempfehlungen für die Zukunft

Die Herausforderung besteht darin, den Aspekt der Nachhaltigkeit auf allen Ebenen des Digitalen Ökosystems anzuwenden. Um dies umzusetzen, bedarf es einer Nachhaltigkeitsstrategie, die im Kern des Ökosystems entwickelt und nach außen kommuniziert wird. Hierzu sollen das Nachhaltigkeitsmodell sowie die 17 SDGs berücksichtigt werden. Durch das Kommunizieren der Strategie wird Transparenz geschaffen. So können die beteiligten Partner im Ökosystem den Aspekt der Nachhaltigkeit ebenfalls einbeziehen.  

Literatur

[1] Hauff, V., Unsere gemeinsame Zukunft, 1987, S. 46.
[2] https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/1_3_a_drei_saeulen_modell_1531.htm
[3] https://sdgs.un.org/goals
[4,5,6] https://www.iese.fraunhofer.de/de/leistungen/digitale-oekosysteme.html#Was-sind-Digitale-oekosysteme
[7] https://www.iese.fraunhofer.de/blog/open-source-software/