Fraunhofer IESE - Marktplatz für Smart Cities und Smart Regions - Deutschland.Digital

Ein digitaler Marktplatz für Smart Cities und Smart Regions

Frei zugängliche öffentliche Plätze spielen als das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Herzstück seit der Antike eine bedeutende Rolle im städtischen Leben, weshalb sich Marktplätze als Metapher einer digitaler Distributionsplattform für kommunale Software-as-a-Service gut eignen. Sie sind ein integraler Baustein einer deutschlandweit flächendeckenden Bereitstellung digitaler Verwaltungsleistungen und der Daseinsvorsorge und gehen über Fachverfahren hinaus, um auch – nicht zuletzt im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse – Teilhabe und Chancengleichheit in Stadt und Land anzustreben. Sie sind auch nötiger denn je, denn insbesondere die Stellungnahme des Normenkontrollrates unterstrich als Konsequenz des »ernüchternden Ergebnisses« einen »fortschreitenden Vertrauensverlust in den Modernisierungswillen und die Handlungsfähigkeit von Verwaltung und Politik« sowie eine zunehmende Überforderung der Verwaltungen. Der Normenkontrollrat fordert außerdem, das EfA-Prinzip aufzugeben und stattdessen das Augenmerk auf EfA-Standards und EfA-Basiskomponenten zu lenken, »um föderal verteilte IT-Systeme und Softwareprodukte interoperabel zu machen und einen innovationsförderlichen Wettbewerb im Bereich öffentlicher IT abzusichern«. Das sollte auch die Motivation für einen digitalen Marktplatz von Lösungen der Daseinsvorsorge sein!

Braucht Deutschland also einen Marktplatz für Smart-City- & Smart-Region-Lösungen?

Zurecht wird also immer häufiger die Frage aufgeworfen, ob Deutschland einen Marktplatz für Smart-City- & Smart-Region-Lösungen benötigt. Wir denken aus oben genannten Gründen »JA«, da ein Marktplatz ein wesentliches Element zur Verbreitung von Smart-City- & Smart-Region-Lösungen in die Fläche sein sollte. Allerdings scheint bei einigen Stakeholdern eine Angst vor offenen Marktplätzen umzugehen, eine digitale Platzangst, die zu Closed Shops in der Verwaltungsdigitalisierung führt. Aber warum? Bauen nicht alle Ministerien gemeinsam mit Unternehmen und Forschung in Förderprogrammen Softwarelösungen, die prinzipiell in den Bereich der Daseinsvorsorge fallen? Häufig stehen die geförderten Lösungen sogar als Open-Source Software zur Verfügung. Parallel entstehen aber auch gute Lösungen, die unabhängig von Förderprogrammen rein aus dem Markt heraus entstehen.

Warum sollten aber dann diese Lösungen nicht ebenfalls auf Marktplätzen anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden? Wir fordern einerseits die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Tech-Unternehmen und Start-ups, d.h. wir fordern Skalierung in die Breite. Allerdings wollen wir die Lösungen dann aber nicht verbreiten – selbst wenn diese unter Einsatz von Steuergeldern entwickelt wurden? Dabei ist die Lösung gar nicht schwer, denn ein Marktplatz kann seine Spielregeln selbst bestimmen. So gingen auch die Athener um 500 v. Chr. vor: Dort wurde der Markt durch Grenzsteine umfasst, um ein ungehindertes Bebauen zu verhindern. Verbrechern und anderen unerwünschten Leuten wurde der Zutritt auch verwehrt. In unserer zunehmend digitalisierten Welt müssen die Spielregeln zwar nun angepasst werden, aber das Prinzip bleibt dasselbe: Es werden Anforderungen definiert, die in einem Auditierungsprozess abgefragt und kontrolliert werden, wie z.B. Sicherheitsmechanismen, Qualitäten, Interoperabilitätsindex, Barrierefreiheit, Bürger- und Unternehmenskonto, eID, Datenaustauschinfrastruktur, Bezahlfunktionen u.v.m.

Digitaler Marktplatz für Smart Cities und Smart Regions - Deutschland.Digital
Deutschland.Digital: Digitaler Marktplatz für Smart Cities und Smart Regions

Wie kann so ein digitaler Marktplatz in Zukunft aussehen?

Doch vorab sollte überlegt sein, was ein digitaler Marktplatz leisten müsste, um die Bedürfnisse der Kommunen zu erfüllen. Er sollte zumindest Folgendes bieten:

  • Übersicht über Angebote und Dienstleistungen
  • Vergleich von Lösungen
  • Unterstützung bei der Durchführung des Vergabeverfahrens
  • Beschaffung und Betrieb von Lösungen (auch im Sinne von Software-as-a-Service)
  • Berücksichtigung sämtlicher Lösungen (Open Source und proprietäre Lösungen)
  • Rahmenverträge zur Erleichterung des Bezugs von Lösungen zur Daseinsvorsorge
  • Transparente und neutrale Bewertung der Angebote

Aus Sicht von Bund und Ländern sollte ein Marktplatz folgende Funktionen erfüllen:

  • Unterstützung nachhaltiger Förderung: Verbreitung und damit Nachnutzung von geförderten Lösungen, um der Fragmentierung entgegenzuwirken
  • Stärkung schwächerer Kommunen im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse und Stärkung ländlicher Räume durch den einfacheren Bezug von Lösungen der digitalen Daseinsvorsorge über Rahmenverträge
  • Schaufenstercharakter nach außen über die Erfolge
Digitale Lösungen für Smart Cities und Smart Regions auf dem digitalen Marktplatz
huhu Marktplatz: Digitale Lösungen für Smart Cities und Smart Regions

Wir stellen uns ein Szenario vor, bei dem ein bundesweiter digitaler Marktplatz mit dezentraler Verantwortlichkeit in den Ländern realisiert wird. Dieser hätte das große Potenzial, bereits existierende Bausteine und regionale Kompetenzzentren auf Landesebene zu integrieren. Essenziell ist dabei andererseits aber auch, dass die bundesweite Lösung als übergeordnete Orchestrierung von Marktplatzfunktionalitäten fungieren kann.

Im Marktplatz Deutschland.Digital, der im durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL geförderten Forschungsvorhaben Smarte.Land.Regionen entstanden ist, sind viele dieser Grundlagen schon gelegt und Funktionalitäten vorhanden, die eine Anschlussfähigkeit für die Länder bieten. Durch die gemeinsame Umsetzung mit den beteiligten Kommunen konnte so auch schon früh auf die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort eingegangen werden. Diese Vorarbeiten können ein Baustein der Lösung sein. Sie machen nicht die Vorarbeiten des Marktplatzes in Hessen obsolet oder stehen in Opposition zu den Marktplätzen der Verwaltungsdigitalisierung. Wir müssen es nur gemeinsam anpacken, damit Kommunen an einem Ort Zugang zu sämtlichen Lösungen erhalten.

Forschungsprojekt Smarte.Land.Regionen

Im Forschungsprojekt Smarte.Land.Regionen beschäftigen wir uns seit 2019 mit der Vision, Daseinsvorsorge digitaler zu machen. Gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) haben wir dafür einen digitalen Marktplatz entwickelt, der Kommunen dabei unterstützen soll.

Der Marktplatz kann mit einem App-Store verglichen werden, der eine Übersicht über Lösungen und Beratungen für die digitale Daseinsvorsorge bietet. Die Basis bildet eine Plattform, die neben der Nutzerverwaltung auch andere zentrale Funktionen bereitstellt, die die digitalen Lösungen auf dem Marktplatz nutzen können. Die Qualitätssicherung der eingestellten Lösungen erfolgt während des Forschungsprojekts durch uns in Form von direkter Kontaktaufnahme und Überprüfung verschiedener Parameter, wie Betreibermodell oder IT-Sicherheit. Wir arbeiten an der stetigen Erweiterung des Marktplatzes, um passende Smart-City- und Smart-Region-Lösungen zu entwickeln und nehmen damit neben dem ländlichen Raum auch den urbanen Raum in den Blick.

 

Der digitale Marktplatz ist hier abrufbar: huhu Marktplatz (landkreise.digital).